Podcast Folge #10

Gastro-Held der Berliner Küche: Kristof Mulack im ehrlichen Karrierecheck.

Wer im Jahr 2019 noch behauptet Berlin wäre kulinarisch nicht interessant, hat noch niemals einen Schritt in die Hauptstadt gesetzt. Und wer diesen Schritt hinein wagt, kommt an Kristof Mulack und seinen gastronomischen Ideen kaum vorbei. Vom Gewinner der größten Koch-Castingshow “The Taste” zur innovativen TISK Speisekneipe mitten in Neukölln hin zu Pop-ups mit “Kraut und Reben” - irgendwas war und ist immer.

Wir haben uns also in sein neues Projekt “bon vivant” gesetzt, gut gegessen und viel zugehört. Welche wichtigen Learnings Kristof aus den letzten Jahren mitnehmen konnte und jetzt auch weitergibt, findet ihr in diesem Artikel.

Als Koch in Berlin einen Job zu finden, ist gar nicht so schwer. Denn von Imbissen bis zur Sterneküche gilt: an jeder Ecke dieser Stadt findet sich eine Küche. Doch gibt es eigentlich auch Alternativen als Koch? Und wie können die aussehen?
Kristof hat darauf seine ganz eigene Antwort gefunden, die in der Stadt großen Anklang findet: er erarbeitet Restaurantkonzepte.

“Als Mastermind von so vielen Ideen ist es einfach schwierig in nur einer Küche zu stehen. Es macht mehr Sinn das eigene Konzept mit den richtigen Leuten zu platzieren und gemeinsam umzusetzen. Sobald es steht: ab zur nächsten Baustelle!”

Was einfach klingt, war keine schnell getroffene Entscheidung. Kristof arbeitete (unter anderem) schon als Malermeister, Veranstaltungstechniker, Taxifahrer, Sprüher und Musiklabelboss und nutzt genau diese Kontraste um als Quereinsteiger erfolgreich zu sein. Flexibilität, Kreativität und Durchhaltevermögen braucht es nämlich bei den unzähligen Aufgaben in der stressigen Gründung eines neuen Restaurants.

Wann beginnt für einen Tausendsassa wie Kristof der Zweifel? Wie löst er das als heutiger Berater, wenn er selbstbewusst handeln muss und durchsetzungsstark sein will?

“Zweifel? Da gibt es tausend. Jeden Tag versuche ich mich selbst zu hinterfragen und gleichzeitig zu verbessern. Beratung erfordert sehr viel Commitment von den Leuten mit denen du das machst. Ich bin jemand, der eine Idee entwickelt und dann muss ich erstmal einen Koch finden, der sich in die Küche stellt und es für mich quasi realisiert. Und manchmal ist es nicht so, wie man sich das vorstellt.”

Die Zukunft als Selbständiger

“Ich werde 36, habe eine Tochter, und möchte ihr später ja auch was bieten. Ich bin kein Immobilienmakler oder IT-Profi und kann keine Sicherheit durch Rentenansprüche geltend machen. Ich bin nicht seit 30 Jahren irgendwo angestellt. Da sind schon sehr viele Ängste und Zweifel in der Selbständigkeit. Ich blende die aber auch irgendwie aus und weiß, ich wäre extrem unglücklich nicht kreativ sein zu können.”

Die Zweifel als Quereinsteiger

“Leute haben mir das in der Vergangenheit mit der Gastronomie oft nicht abgenommen. Ich bin nun einmal Autodidakt und habe Kollegen um mich herum, die mich immernoch nicht ernst nehmen. Damit habe ich aber kein Problem. Ich habe einen megagroßen Respekt vorm Handwerk Koch. Ich bin kein Koch, ich bin Gastronom, das ist meine Antwort darauf.”

Berlin als Ort der kulinarischen Innovation

“Berlin hat immer noch den größten Nährboden für Konzepte aller Art. Aber selbst wenn einige denken, dass Berlin schon absoluter Vorreiter ist, gibt es einfach im Gegensatz zu London oder Kopenhagen einen Unterschied im Niveau. Berlin kommt gerade auf jeden Fall. Alles, was in den letzten zwei Jahren hier aufgemacht hat, hat Hand und Fuß. Gerade auch fitte Innovateure, wie das Kuchi und The Duc Ngo (Gastronom in Berlin mit über 100 Mitarbeiter*innen in 11 Restaurants), das BRLO Wirtshaus oder St.Barth sind super Beispiele. Es geht einiges hier. Es gibt richtig gute Leute.”

“Jeden Tag, wenn ich merke, hier komme ich in eine Enge, versuche ich mich mit was anderem zu befassen. Kleine, kurze Ziele über den Tag helfen mir. Wenn da positives Feedback kommt, dann bekomme ich einfach Motivation weiterzumachen. Manchmal klappt es einfach nicht, aber ich mache das jetzt lange genug und kann das einschätzen: next week sieht’s besser aus.”

Wie kann man als Mensch in so einer harten Branche eigentlich noch Erfolge feiern ohne sofort die nächste Baustelle zu sehen? Wie motiviert man sich für diesen stressigen Job?

“Ganz wichtig ist es sich selbst zu belohnen. Dass, was du an harter Arbeit leistet, musst du dir auch wieder als Koch zurück geben. Die Genusswelt des Kochens darf einfach nicht für einen verloren gehen. Ganz viele Köche verstumpfen in diesem Tunnel des Arbeitens. Da bin ich sehr bewusst.”

“Ich bin eine polarisierende Persönlichkeit, das weiß ich. But I don’t give a fuck. Ich schaue morgens nicht sofort auf’s Telefon, sondern versuche zu meditieren und atme tief durch. Manchmal klappt das gut, manchmal nicht. Sich einfach mal mit Dingen zu beschäftigen, die nicht direkt mit der Branche zu tun haben, ist extrem wichtig. Fotografie oder Leute aus anderen Bereichen treffen oder sich auf die Wiese zu legen und in den Himmel zu schauen, das sind meine Pausen und Erholungen im Alltag.”