Podcast Folge #12

Kommt ein Psychoanalytiker zum Karrierecoach…

Wie kommt es, dass wir in manchen Situationen mit unseren Kollegen oder Vorgesetzten besonders intensiv reagieren und feststecken? Was treibt uns in bestimmte Reaktionsmuster?

Einige Antwort darauf liefert die Transaktionsanalyse, die davon ausgeht, dass wir in unserer Kommunikation in drei verschiedene Ich-Zustände wechseln können. Ich gebe in diesem Artikel einen Überblick und hilfreiche Tipps für den Berufsalltag. Laut psychoanalytischer Theorien tragen wir alle, qua unserer Erziehung und unserer Persönlichkeit unterschiedliche Ich-Zustände in uns. Zu bestimmten Zeiten tauchen diese Zustände auf und werden lauter, wenn Trigger vor uns erscheinen. Wie können wir diese für unsere Karriere nutzen? Und wer sind diese Ichs eigentlich?

  • Das Eltern-Ich = Normen und Verhaltensregeln, die uns in der Kindheit prägen. Denke hier an unzweifelhafte Wahrheiten oder Prinzipien, die du später nicht mehr korrigieren kannst. Impulse, die unsere Einstellung nachhaltig beeinflusst.
  • Das Kindheits-Ich = Reaktionen auf Verbote und Gebote, die wir in der Kindheit erfahren haben
  • Das Erwachsenen-Ich = Die Möglichkeit aktiv Entscheidungen zu treffen. Gebote und Verbote werden hinterfragt durch das Erwachsenen-Ich.

Wie nutzen wir dieses Wissen nun in unseren Karrieresituationen?

Oftmals finden wir sogenannte “Überkreuztransaktionen” in beruflichen Situationen vor. Ein Ich-Zustand redet mit einem völlig anderen, daraus kann oft auch ein handfester Konflikt entstehen. Ein Gespräch zwischen Mitarbeiter und Chefin kann am Verhandlungstisch das Kindheits-Ich (Mitarbeiter) und das Eltern-Ich (Chefin) evozieren. In Foren, Betriebsräten und Coaching-Workshops lassen sich hunderte dieser Beispiele ausfindig machen, die auf eine dieser Konstellationen rückführbar sind.

Die drei Göttinnen der Fanita English

Fanita English (*1916) ist noch heute als Psychoanalytikerin und Autorin tätig und hat mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung mit verschiedenen Hypothesen und Erweiterungen die Transaktionsanalyse (TA) bereichert. Mit dem ungewöhnlichen Bild der drei griechischen Göttinnen Servia, Passia und Transcia beschreibt sie unsere unterbewussten Motivatoren, die uns antreiben und innere Konflikte austragen. Diese Erkenntnisse können wir nutzen, um im Job unsere eigene Motivation zu hinterfragen und vor allem unsere Stimme des Erwachsenen-Ichs zu trainieren und zu mehr Erfolg zu kommen.

Motivatoren, begleiten uns und können uns erklären warum wir uns in bestimmten Zuständen befinden. Für die Transaktionsanalyse ist es besonders wichtig, zu erklären warum wir eigentlich in unseren drei unterschiedlichen Ich-Momenten reagieren. Ähnlich wie die drei Ich-Zustände können auch die 3 Motivatoren gegeneinander treiben und innere Konflikte auslösen.

SERVIA
  • Überleben des Individuums
  • Need for Strokes
  • Individuelle Angst
  • Durst und Hunger
  • Schmerz
  • Gier
  • Schuld und Scham
  • Wettbewerb, Machthunger
PASSIA
  • Überleben der Spezies
  • Excitement
  • Angst in Bezug auf die Geschichte
  • Spieltrieb
  • Neugierde
  • Enthusiasmus
  • Idealismus
  • Risikofreude
  • Abenteuerlust
  • Experimentierfreude
TRANSCIA (QUESCIA)
  • Überleben des Planeten
  • Harmonie
  • Ozeanische Gefühle
  • Schlaf und Erholung
  • Schwerfälligkeit
  • Natur & Ökologie
  • Hang zu düsteren Gedanken (Morbidität)
  • Schwerfälligkeit
  • Passivität
  • Spiritualität

Die Eigenarten der Motivatoren

Alle beeinflussen sich gegenseitig, aber laut Fanita English, kann man nur von maximal zwei Motivatoren gleichzeitig beeinflusst werden (Bsp. ein Auto fährt nur vorwärts und seitwärts aber nicht auch gleichzeitig rückwärts). Wenn ich nicht in Balance bin und mich unwohl fühle, ist normalerweise ein Motivator unter Repression. In der Transaktions-Analyse ist es wichtig zu verstehen, das die Motivatoren durch alle drei Bereiche (Eltern-Ich, Erwachsenen-Ich, Kindheits-Ich) operieren können.

Um ein Beispiel zu nennen: der erfolgreiche Manager oder allgemein Workaholics haben einen starken Machthunger (Servia) und eine große Risikofreude (Passia), unterdrücken jedoch ihr Müdigkeitsgefühl (Transcia). Die verschiedenen Motivatoren sind absolut ohne Moral, dies betont (und bedrückt) Fanita English. Die Kombination Experimentierfreude und Gier bei einem Folterer ist in perfekter Balance aber moralisch nicht vertretbar. Welche Motivatoren erkennst du in dir? Welche möchtest du eher betonen? Die Transaktionsanalyse bietet dir ein Framework um dich in deiner Karrieresituation stärker und präziser zu reflektieren.