Podcast Folge #26
Karrierecoaching im Jahre 1785
Wie haben Menschen vor 230 Jahren ihr Innerstes untersucht? Gab es damals schon so etwas wie Coaching und Methoden zur Selbsterfahrung? Diese Frage versucht der deutsche Philosoph Peter Sloterdijk in seinem Buch "Der Zauberbaum - Die Entstehung der Psychoanalyse im Jahr 1785" zu beantworten. Dieses Buch hat mich wirklich fasziniert und in diesem Beitrag zitiere ich einige Passagen und nehme dich mit auf einen Gedankenstreifzug zu den Mesmerikern des ausgehenden 18. Jahrhunderts.
Nur um einen kurzen Ausblick zu geben: Sloterdijk beschreibt, wie der Protagonist Jan Van Leyden, ein Mediziner aus Wien, der auf der Suche nach Heilmethoden für seelische Leiden quasi die Grundfesten der Psychologie entwickeln. Es geht um den animalischen Magnetismus, Hypnotherapie und eine Dorfulme spielt dabei auch eine große Rolle. Einige Inspirationen für deinen eigenen Weg möchte ich hier zitieren.
“Braucht man denn unbedingt den anderen dazu um an die Quelle des eigenen Willens zu kommen?”
“Viele denken wie sie Herr Van Leyden. Und es sind meistens Menschen, denen man beibrachte, sie seien autonome kritische Subjekte. Sozusagen kleine Könige, die in der Mitte der Welt residieren und alles überblicken und mitregieren müssten. Und aus diesen Köpfen entspringt dann auch wie automatisch die Idee, dass sie sogar ihre Befreiung wo sie wünschbar wäre in Eigenregie herbeiführen müssen ohne zu bemerken, dass sie damit das das Unmögliche fordern.”“Denn das Lebendige an seiner Hemmung vorbeilocken und den Einheitspunkt des lebendigen Willens direkt anzusprechen ohne mit den Widerständen lange zu verhandeln, das sei der Weg einer wahren Therapie.”
“Eine wahre Therapie darf wirklich nie mit den Symptomen zusammen arbeiten, sondern muss das Symptom überlisten und neutralisieren.”
Die Beschäftigung mit den wahren inneren Stimmen und Bedürfnissen ist Fokus all unserer Arbeit. So jedenfalls lehre ich es immer wieder in meinen Coachings. Der externe Blick, die Stimme von außen, ist eine die selbst im 18.Jahrhundert, in Zeiten der Kellerverliese und schrecklichen Psychiatrien, Anklang fand. Nur 250 Jahre später kann man noch nicht sagen, dass wir sehr viele Erfahrungen im Umgang mit unseren Stimmen haben. Die Psychologie selbst ist sogar noch viel jünger.
Die eigene Psyche zu untersuchen war oftmals eine hochesoterische und gefährliche Sache. Damals wurden krude, gewaltvolle Methoden genutzt, um Menschen wegzusperren. Innere Leiden, im Sinne von pyschischen Problemen, wurden unbehandelt gelassen. Professionelle Hilfe und psychologische Begleitung wurde erst viele, viele Jahre später entwickelt. Insofern ist es ein starkes und inspirierendes Stück Kulturgeschichte, hier die ersten Anklänge eines anderen, eines ganzheitlicheren Ansatzes, sprießen zu sehen.
"Es gilt das Lebendige an seinen Hemmungen vorbei zu locken und den Einheitspunkt des lebendigen Willens direkt anzusprechen", schreibt Sloterdijk. Durch Selbstbeobachtung kann das Ich nicht heilen, erst ein Therapeut oder Coach schafft es, durch den Blick von Außen den Patienten in die Klarheit zu führen.