Podcast Folge #35
Warum New Work unsere Bildung retten kann. Ein Interview mit der Zukunftsaktivistin Aileen Moeck.
Die Gründerin, Zukunftsaktivistin und Transformatorin Aileen Moeck steht uns im Podcast 35 Rede und Antwort zu einem der schwierigsten Aufgaben unserer gegenwärtigen Zeit: die Bildung zu einem Ort zu machen, der die Zukunft und die Gegenwart zusammen bringt, Kinder nicht mit Wissensbergen erschlägt und gleichzeitig auf ein Leben “danach” irgendwie vorbereitet.
Kleinigkeit, oder? In diesem Artikel möchte ich ihr Unternehmen und ihr großartiges Engagement mit “Die Zukunftsbauer” vorstellen.
Kann New Work unser Bildungssystem retten? Ein Interview mit Aileen Moeck.
Aileen Moeck ist eine ziemlich furchtlose Person. Dickköpfig, optimistisch, nicht auf die große Kohle achtend, sondern auf Veränderung, auf Neues und auf das nicht Planbare. Als studierte Zukunftsforscherin weiß sie schon seit einiger Zeit: Modelle, die die Zukunft detailliert planen lassen, bringen eigentlich nichts (außer lange Meetings). Zu ungenau die Parameter, zu schlecht die Informationen, zu voreingenommen unsere Einstellungen zu bestimmten Themen. Oft erkennen wir die Zukunft nicht, wenn sie direkt vor uns steht.
Besser hinschauen lernen
Aileen hat für dieses große Problem schon längst eine Lösung gefunden während viele andere noch auf der Suche sind: wir ändern einfach unsere Sehstärke und lernen zu schauen. Anstelle Dinge zu planen, schauen wir uns den Wandel an und gewinnen Ideen wie wir diesen positiv mitgestalten können. Wir planen nicht um Geschehnisse, wir machen einfach kurzerhand mit. An einem der wichtigsten Orte für Teamgeist Experimenterfreude und Träumen wagt sie sich an ihr erstes Unternehmen: “Die Zukunftsbauer” sind gekommen um die Schulen auf die Arbeit und die Ideen von morgen vorzubereiten.
Mit “Die Zukunftsbauer” schaffen sie, ihr Co-Founder Jens Konrad und ein Team aus Coaches, Expert*innen und Designer*innen neuen Lehrstoff an die Schule. Scharen von Lehrer*innen besuchen ihre Workshops. Warum soll man aber Kernthemen des neuen Arbeitens vermitteln, wenn es einen noch gar nicht betrifft?
New Work durchspielen.
65% der Kinder von heute werden in Berufen arbeiten, die es noch gar nicht gibt. 47% der Jobs von heute werden aber auch automatisiert. Wollen wir nicht ein Bewusstsein für die Transformation unserer Lebensstile erreichen? Antworten auf diese großen Fragen lassen sich nicht nur in Meetingräumen und in Fachzeitschriften finden. Sondern in Spielzeugen.
In Kartenspielen zum Beispiel, die die vermeintlich einfache Frage stellen: wie sieht sie eigentlich aus, diese Welt im Jahr 2100? Und was wird deine Aufgabe sein? Welche möchtest du denn haben? Bei Schüler*innen ein Bewusstsein für Zukunftsthemen zu erschaffen, Impulse zu setzen und visionäres Denken herzustellen heißt: die Lehrer*innen müssen ebenso brennen. Ist der Grundschullehrer gar nicht an diesen Ideen interessiert, wirkt es auch bei den Schüler*innen nicht. Aileen und ihr Team setzen sich also mit den Schulen, Verlagen und Institutionen zusammen und entwickeln Materialien, die es so noch nie gab. Verwerfen wieder, probieren neu, versuchen die Politik für ihre Sache zu begeistern. Ein steiniger Weg. Nichts für Leute, die auf klare Geschäftsmodelle und schnelle Profite stehen, soviel stellt sie fest.
Startup vs. Klassenraum
Der Alltag einer Schule könnte eigentlich dynamischer nicht sein: 25 Kinder hocken zusammen, hauen sich Schaufeln auf den Kopf und lernen die Welt so oder ähnlich nach und nach kennen. Irgendwann werden die Spielzeuge abgelöst von den neuesten Dingen, die man jetzt unbedingt haben muss und währenddessen werden alle (irgendwie dann doch?) erwachsen und lernen was. Klingt in der Theorie toll. Wer sich etwas mehr mit dem Bildungssystem und dem Lernen beschäftigt (durch eigene Kinder, Lehramt oder einfach aus Leidenschaft), möchte sich dann doch ganz gerne mal mit der Schaufel auf den eigenen Kopf hauen.
Wie sperrig, starr und oftmals auch mittellos wirken die benutzten Projektoren, die Lehrpläne und Materialien im Gegensatz zum Beispiel zur jungen, hippen Startup-Kultur der deutschen Hauptstadt?
Was erstmal wie ein kruder Vergleich wirkt, hinkt gar nicht so sehr: der 21-jährige “Agile Software Engineering” Werkstudent ist gerade erst 2 Jahre aus dem Bildungssystem raus und soll nun schnell adaptieren, hinterfragen und später am besten revolutionieren. Wo hat er das gelernt? In unseren Schulen?
Unser Bildungssystem tut so als würde sich Unternehmergeist mit dem Abitur oder der Zeugnisübergabe schon von selbst einstellen.
Ich bin mir sicher und sehe die Arbeit der Zukunftsbauer deswegen als so wichtig an: Das Auf-den-Kopf-stellen vorgegebener Konventionen muss tief verankert werden, damit sich spätere Werkstudent*innen nicht nur unter dem öden Office-Alltag verbiegen. Und wo kann man das besser als in der Schule?
“Wachstum tut immer auch ein bisschen weh”
Aileen und ich sind da gleicher Meinung: die Schule und das Bildungssystem bringen ein großes Dilemma mit sich. Die immense Komplexität sperrt sich häufig gegen tolle Innovationen, moderne Macher*innen und unternehmerisches Risiko. Jedenfalls bis jetzt. “Die Zukunftsbauer” zeigen einen ersten Weg und holen sich damit Unterstützng aus beiden Welten: der renommierte Klett Verlag, Catharina Bruns als Vorständin der Kontist Stiftung und selbst Gründerin und viele etablierte Stimmen unterstützen die innovativen Produkte und Workshops des Berliner Teams. Ein wichtiges Zeichen.
Klar ist: Bildungsmarkt und Bildungsinnovation müssen sich nicht, wie bisher, ausschließen. Derzeit (Stand April 2020) sind alle Schulen geschlossen. Unser Bildungssystem ist nicht das Erste worüber wir gerade reden. Die Zeit wird jedoch wiederkommen. Aileen Moeck bringt es, ganz in die Zukunft schauend, treffend auf den Punkt:
„In der Langeweile kommen die Ideen. Da findet Transformation statt.“