Abyssos – Willkommen im Abgrund

Abyssos (griechisch: ἄβυσσος; Bedeutung: grundlos, unermesslich, Abgrund) beschreibt in der biblischen Mythologie die Unterwelt. Jede Reise und jeder Prozess beginnt oft mit Unsicherheit und Zweifeln. Deine Zweifel und Unsicherheiten haben jedoch einen Zweck: Es sind Fragen, die dich herausfordern und auf das Unbekannte vorbereiten. Bist du bereit, den Weg anzutreten, der vor dir liegt? Was erwartet dich, wenn du durch die Dunkelheit des Ungeahnten schreitest?

Wenn du deine Zweifel annimmst, wirst du belohnt. Lass sie nicht als Hindernis, sondern als Quelle der Stärke und Inspiration wirken. Wenn du deine Zweifel annimmst und ihnen Raum gibst, als Teil deines Weges, wirst du mit tiefer Selbsterkenntnis, innerer Stärke und der Fähigkeit belohnt, auch die schwierigsten Herausforderungen zu meistern. Lass deine Zweifel nicht als bloße Hindernisse erscheinen, sondern als mächtige Wegweiser, die dir neue Perspektiven und kreative Lösungen aufzeigen, um gestärkt und inspiriert weiterzugehen.

Im Schatten des Zweifels: Wie du deine Stärke findest

In einer späten Karrierephase oder bei einer beruflichen Neuorientierung ab 50 sind Zweifel oft groß. Auch wenn du bereits eine beeindruckende Laufbahn hinter dir hast, fragst du dich vielleicht, ob du noch einmal den Mut aufbringen kannst, dich neu zu erfinden. Gedanken wie „Ist es zu spät, einen anderen Weg einzuschlagen?“ oder „Kann ich mit den jüngeren Generationen mithalten, die ständig neue Impulse in den Jobmarkt bringen?“ können sich aufdrängen. Der Vergleich mit jüngeren Kollegen, die sich schneller an neue Technologien oder Arbeitsweisen anpassen, kann den Selbstwert erschüttern. Gleichzeitig verspürst du jedoch den Wunsch, noch einmal etwas Bedeutsames zu machen, eine Spur in der Berufswelt zu hinterlassen, die über deinen bisherigen Werdegang hinausgeht.

Die Phase Abyssos lehrt dich, dass diese Unsicherheiten nicht das Ende, sondern der Beginn eines neuen Kapitels sind. Sie fordern dich auf, innezuhalten und zu reflektieren, was du wirklich möchtest. Gerade in diesem Unbekannten liegt die Chance, dich neu zu definieren und dein Leben anders zu gestalten. Du musst nicht die gleichen Entscheidungen treffen wie in früheren Jahren – jetzt geht es darum, die Weisheit und Erfahrung, die du gesammelt hast, zu nutzen, um einen authentischen und erfüllenden Weg zu gehen. Unsicherheit bedeutet nicht, dass du gescheitert bist, sondern dass du bereit bist, etwas Neues zu wagen.

Der größte Konflikt in dieser Phase entsteht häufig aus dem Spannungsfeld zwischen dem Bedürfnis nach Sicherheit und dem Drang, noch einmal etwas Neues zu beginnen. Der Mut, diesen Konflikt zu überwinden, ist der Schlüssel. Erst wenn du deine inneren Blockaden durchbrichst und dich deinen Ängsten stellst, kannst du erkennen, dass es nie zu spät ist, neue Wege zu gehen. Abyssos zeigt dir, dass der Weg zum Neuanfang in der Akzeptanz deiner Zweifel liegt. Sobald du bereit bist, den Schritt ins Unbekannte zu wagen, eröffnen sich dir neue Perspektiven und ein klarerer Blick auf das, was du wirklich möchtest.

Wie geht es anderen?

Beim Lesen der ersten Phase der Helden:innenreise hast du dich vielleicht gefragt: Wie sehen solche Entwicklungen bei anderen aus? Welche Momente führen dazu, dass Menschen erkennen, dass sie etwas ändern müssen? In den folgenden drei Geschichten schauen wir uns die Wege von Lea, Tarik und Anna an. Ihre Situationen veranschaulichen, wie sich ein Gefühl der Unzufriedenheit entwickeln und zu einem Startpunkt für Veränderung werden kann. Vielleicht findest du in ihren Geschichten Parallelen zu deiner eigenen Situation? Momente, in denen alte Muster nicht mehr funktionieren und der Drang nach Veränderung immer größer wird. Sei gespannt und lass dich inspirieren:

Lea (53, Tischlerin und Unternehmerin): Lea begann ihren Weg als Tischlerin in einer männlich dominierten Welt, wagte früh den Schritt in die Selbstständigkeit und spezialisierte sich auf den Ausbau von Vans für digitale Nomaden. In den letzten zehn Jahren hat sie sich auf Tiny Houses konzentriert, zahlreiche Preise gewonnen und ein kleines, erfolgreiches Team aufgebaut. Nun steht sie vor der Entscheidung, ob sie ihr Unternehmen weiter ausbauen soll. Nach langem Überlegen entschließt sie sich dazu, stellt mehr Mitarbeitende ein, darunter eine junge Meisterin, und spürt die Energie des Wachstums. Doch je größer der Betrieb wird, desto mehr verändert sich Leas Rolle. Statt selbst zu planen und zu gestalten, wird sie immer stärker in Managementaufgaben wie Personalführung, Kalkulationen und Unternehmensstrategien eingespannt. Lea merkt, dass sie sich immer weiter von dem entfernt, was sie einst erfüllt hat. Die kreativen Projekte und das direkte Handwerk weichen Besprechungen und Budgetplänen. Sie beobachtet ihre Mitarbeitenden und sieht das Strahlen in deren Augen – ein Strahlen, das sie selbst lange nicht mehr gespürt hat. Der Druck des Erfolgs und der wachsenden Erwartungen lassen Zweifel in ihr aufkommen: Ist das wirklich der Weg, den sie gehen will? Sie steht an einem Scheideweg, an dem sie entscheiden muss, ob sie tiefer in die Managementrolle einsteigt oder einen neuen Weg findet, um ihre ursprüngliche Leidenschaft wiederzubeleben.

Tarik (56, Tech-Startup-Gründer): Tarik hat eine beeindruckende Karriere hinter sich. In seinen Anfangsjahren als Gründer trieb ihn die Vision an, Technologien mit echtem sozialen Mehrwert zu entwickeln. Seine ersten Start-ups konzentrierten sich auf Bildungsplattformen für benachteiligte Jugendliche und Softwarelösungen für soziale Einrichtungen. Erfolg und Sinn waren damals für ihn eins. Doch mit der Zeit und den steigenden Anforderungen von Investoren verschoben sich die Ziele. Immer mehr rückten Projekte in den Fokus, die finanzielle Rendite versprachen, während der soziale Aspekt verblasste. Nun, nach seinem jüngsten Exit, fühlt er sich leer. Anfragen von Investor:innen und Start-ups prasseln täglich auf ihn ein, aber reizen ihn nicht mehr. Dies wird noch deutlicher, als er in einem Gespräch mit einer jungen Gründerin auf ihre Begeisterung und Energie trifft. Sie erinnert ihn an seine eigene Anfangszeit. Er fragt sich, wann er seine ursprüngliche Mission aus den Augen verloren hat und wie er auf diesen Weg des rein wirtschaftlichen Erfolgs geraten ist. Hat er sich selbst und seine Ideale auf dem Weg verloren? Eine tiefe Sinnkrise breitet sich aus, als ihm bewusst wird, dass er seinen Platz neu definieren – oder den Mut aufbringen muss, etwas völlig anderes zu wagen.

Anna (59 Jahre, Krankenhausleiterin): Anna blickt auf ein erfülltes und erfolgreiches Berufsleben zurück. Sie hat es geschafft, die Palliativmedizin zu einem zentralen Thema in der Pflege zu machen und leitet nun eines der renommiertesten Krankenhäuser des Landes. Zudem steht sie an der Spitze des Bundesverbands der Palliativmediziner und hat in dieser Rolle maßgeblich zur Verbesserung der Sterbebegleitung beigetragen. Auch familiär hat Anna alles erreicht, was sie sich gewünscht hat. Ihre Ehe ist stabil, ihre Kinder sind erwachsen und eigenständig, und sie selbst gilt als Vorbild für Resilienz und Durchhaltevermögen. Doch trotz all dieser Erfolge spürt Anna eine Unruhe. Es gibt keine offensichtlichen Probleme – weder im Beruf noch in ihrem Privatleben. Und doch merkt sie: Ihr Kampfgeist, der sie all die Jahre angetrieben hat, beginnt nachzulassen. Sie fühlt innere Erschöpfung, die sie nicht ganz greifen kann. Obwohl sie alles erreicht hat und sich in ihrem Leben nichts drastisch verändert hat, schleicht sich immer öfter ein Gedanke ein, der sie beunruhigt: Was wäre, wenn es Zeit wäre, mit dem Arbeitsleben aufzuhören? Dieser Gedanke kommt für Anna unerwartet. Sie hat nie daran gedacht, ihre Karriere zu beenden, zumindest nicht jetzt, wo sie noch so viel bewirken könnte. Und doch fühlt sie diesen Widerspruch in sich: Alles läuft gut, aber innerlich ist sie nicht mehr dieselbe. Noch kann Anna nicht klar benennen, was es ist. Ist es die Erschöpfung nach Jahrzehnten im Kampf für die Palliativmedizin? Oder die Angst vor einem Leben ohne diese Kämpfe, ohne den ständigen Antrieb? Sie weiß nur, dass etwas in ihr anders ist, und dieses Gefühl wird stärker, je mehr sie es zu verdrängen versucht.

Arbeitsfragen für Abyssos

Nutze die folgenden Fragen, um diesen Abschnitt deiner Held:innenreise zu reflektieren. Beantworte sie mit Stift und Papier, um tiefer in deine Situation einzutauchen. Oder betrachte sie als Coachingansatz, um damit weiterzuarbeiten:

  1. Welche beruflichen oder persönlichen Erfolge bringen dir jetzt Zufriedenheit – und wie kannst du diese in der aktuellen Phase deines Lebens noch mehr würdigen?
  2. Welche Werte und Ziele haben dich über die Jahre geleitet – und wie kannst du diese Erkenntnisse nutzen, um deine nächste Lebensphase bewusst zu gestalten?
  3. Welche neuen Wege möchtest du erkunden, um deine Erfahrungen sinnvoll einzusetzen – sei es beruflich oder privat?

Metamorphose – der Schritt in den Wandel

Metamorphose (griechisch: μετά (metá); Bedeutung: bei, mit / griechisch: μορφή (morphḗ); Bedeutung: Gestalt) beschreibt den tiefen Wandel – den Gestaltwechsel einer Gottheit oder eines Menschen. Um dich selbst zu verändern und weiterzuentwickeln, benötigst du die Kraft der Anpassungsfähigkeit. Diese Kraft entspringt der Motivation, die aus einem klaren Verständnis deiner eigenen Kompetenzen erwächst. Wenn du deine Fähigkeiten und Potenziale erkennst, gewinnst du das Selbstvertrauen, deine eigene Welt bewusst zu gestalten und zu formen. Das ist die Essenz der Selbstwirksamkeit – zu wissen, dass du in der Lage bist, die Veränderung aktiv zu steuern.

Selbsterkenntnis als Schlüssel zur Transformation

Nachdem du die Phase Abyssos durchlebt und deine Zweifel akzeptiert hast, trittst du nun in die Phase der Metamorphose ein – der bewussten Verwandlung. In dieser Phase wirst du dir deiner Fähigkeiten und Erfahrungen bewusst und erkennst, wie du sie in deinem neuen Lebensabschnitt einsetzen kannst. Für Menschen ab 50, die sich in einer späten Karrierephase oder einer Neuorientierung befinden, bedeutet die Metamorphose eine tiefgreifende Transformation. Die Fragen, die sich stellen, betreffen sowohl den beruflichen als auch den persönlichen Kontext: Ist es an der Zeit, eine neue Richtung einzuschlagen? Habe ich die Kraft, mich anzupassen und erneut zu wachsen? Welche Rolle möchte ich in Zukunft einnehmen?

Beruflich kann dies bedeuten, dass du überlegst, deine aktuelle Position zu verlassen oder eine neue Herausforderung anzunehmen – vielleicht in einem ganz neuen Berufsfeld. Es könnte aber auch sein, dass du deine umfangreiche Erfahrung nutzen möchtest, um als Berater:in, Mentor:in oder in einer gemeinnützigen Organisation tätig zu werden. Diese Transformation muss nicht immer dramatisch sein. Oft geht es auch darum, deine Arbeitsweise oder dein Mindset zu verändern, um eine neue Balance zwischen Beruf und Privatleben zu finden und so mehr Erfüllung zu erleben.

In der Phase der Metamorphose lernst du, dass Veränderung eine Gelegenheit ist, deine Stärken und Fähigkeiten neu zu nutzen. Was hast du in den letzten Jahrzehnten über dich gelernt? Welche Kompetenzen hast du entwickelt, die dir jetzt in einer neuen Rolle helfen könnten? Die New Work Heroes-Typologie hilft dir, diese Stärken klar zu erkennen: Bist du eher der Unternehmertyp, der bereit ist, neue Projekte zu initiieren, oder der Helfertyp, der sich auf sinnstiftende Arbeit fokussiert? Dein Testergebnis kann dir wertvolle Hinweise geben, wie du deine nächsten Schritte gestalten kannst.

Der zentrale Konflikt in dieser Phase dreht sich oft um die Balance zwischen dem Wunsch nach Stabilität und dem Bedürfnis nach Veränderung. Wie kannst du dich neu erfinden, ohne das aufzugeben, was du bereits erreicht hast? Diese innere Zerrissenheit kann lähmend wirken, aber die Metamorphose lehrt dich, dass Anpassungsfähigkeit und Selbstwirksamkeit die Schlüssel sind. Nutze die Weisheit, die du über die Jahre gesammelt hast, um dich bewusst in eine neue Richtung zu entwickeln – ohne Angst vor dem Neuen, sondern mit der Klarheit, dass du in der Lage bist, deine Zukunft aktiv zu gestalten.

Die Metamorphose zeigt dir, dass wahre Transformation von innen kommt. Du beginnst, deine berufliche und persönliche Welt selbst zu gestalten, statt dich von äußeren Umständen leiten zu lassen. Indem du deine inneren Blockaden überwindest und den Mut findest, den nächsten Schritt zu gehen, wirst du diese Transformation aktiv erleben – und neue Möglichkeiten entdecken, die du dir zuvor vielleicht nicht vorgestellt hast.

Wie geht es anderen?

Lea, Tarik und Anna spüren die ersten Momente der Veränderung. Doch wie geht es nach dem ersten Zweifel weiter? Was passiert, wenn der Mut langsam wächst? In ihren Geschichten erfährst du, wie sie alle eine innere Stärke finden, um die ersten Schritte in eine neue Richtung zu gehen. Es ist der Anfang einer Verwandlung, der Mut, etwas anders zu machen – doch reicht das aus? Ihre Reise ist noch lange nicht vorbei, und wir werden sehen, welche neuen Herausforderungen auf sie warten.

Lea (53, Tischlerin und Unternehmerin): In den letzten Monaten spürt Lea immer mehr, wie sehr sich ihre Rolle in ihrem Unternehmen verändert hat. Die steigende Nachfrage nach ihren Tiny-Häusern und das positive Feedback der Kund:innen sind erfüllend. Doch statt kreativ zu gestalten, verbringt sie ihre Tage mit Managementaufgaben, Besprechungen und Projektkoordination. Während ihre Meisterin und das Team zunehmend eigenständig arbeiten, fühlt Lea, wie sie sich von ihrer Leidenschaft entfernt. Die Energie, die sie einst in Design und Handwerk steckte, fließt jetzt in Personalplanung und Kundenakquise. Sehnsüchtig beobachtet sie ihre Mitarbeitenden in der Werkstatt, während sie selbst an ihrem Schreibtisch bleibt. Nach langen Überlegungen und Gesprächen trifft Lea eine Entscheidung: Sie möchte sich aus der Managementrolle zurückziehen und sich wieder auf das kreative Design konzentrieren. In einem Teammeeting spricht sie offen darüber und erklärt, dass sie die operative Leitung mehr an ihre Meisterin und das Team übergeben will. Sie betont, dass sie weiterhin für ihr Team da sein will – aber mehr Freiraum braucht. Ihr Team reagiert überrascht, aber ihre Meisterin nimmt die Herausforderung an und Leas Wünsche scheinen sich zu erfüllen.

Tarik (56, Tech-Startup-Gründer): Tarik spürt, dass er eine Auszeit braucht. Als seine Tochter ankündigt, eine Weltreise vor ihrem Studium zu machen, beschließt er, sie auf einem Teil der Reise zu begleiten. Er hofft, durch die Distanz zur Tech-Szene und neue Eindrücke, Klarheit über seine Zukunft zu gewinnen. Die Reise beginnt als Vater-Tochter-Abenteuer, wird jedoch schnell zu einer Entdeckungsreise für Tarik selbst. In Asien zeigt er seiner Tochter einige Start-ups von früheren Kollegen und Freunden. In Thailand treffen sie auf ein Start-up, das nachhaltige Technologien in der Landwirtschaft einsetzt. In Vietnam begegnen sie einer Organisation, die digitale Plattformen nutzt, um Bildungschancen in ländlichen Regionen zu verbessern. Diese Begegnungen wecken in ihm die Erinnerung an das Potenzial von Technologie für sozialen Wandel. Doch in Japan macht er eine völlig neue Entdeckung: eine Gruppe von Gründer:innen, die mit regenerativen Geschäftsmodellen arbeiten, basierend auf Gemeinwohl-Ökonomie. Sie setzen nicht auf Gewinnmaximierung, sondern auf das Wohl der Gemeinschaft und einen positiven Einfluss auf das ganze Ökosystem. Für Tarik ist das ein Augenöffner. Es ist möglich, wirtschaftlichen Erfolg und Gemeinwohl zu verbinden, ohne dem Wachstumszwang zu folgen. Seine Tochter, fasziniert von diesem Ansatz, fragt ihn, warum er nie so etwas gemacht hat. Diese Frage trifft ihn und er erkennt, wie weit er sich von seiner ursprünglichen Vision entfernt hat. Er erkennt, dass sein ständiger Drang nach Kontrolle und Perfektion ihn eingeschränkt haben. Die regenerativen Geschäftsmodelle sind anders: flexibel, gemeinschaftsorientiert und anpassungsfähig. Tarik beschließt, seine Erfahrung in ein neues Projekt zu investieren: ein Mentoring-Programm, das auf regenerativen Geschäftsmodellen basiert. Doch diese Entscheidung kommt nicht ohne innere Kämpfe. Der Wunsch nach Kontrolle und die Angst vor Misserfolg sind immer noch präsent. Aber die Reise mit seiner Tochter lehrt ihn, loszulassen und anderen zu vertrauen. Diese Klarheit ist ein Wendepunkt. Tarik erkennt, dass es nicht darum geht, in seine alte Rolle als Seriengründer zurückzukehren, sondern seinen Beitrag auf neue Weise zu leisten. Mit den Prinzipien der regenerativen Geschäftsmodelle hat er einen Weg gefunden, seine Erfahrungen mit einer neuen, sinnvollen Vision zu verbinden.

Anna (59 Jahre, Krankenhausleiterin): Die innere Unruhe in Anna wird immer stärker. Auf einer Konferenz des Bundesverbands der Palliativmediziner:innen erreicht sie ihren Höhepunkt. Als langjährige Vorsitzende des Verbands wird Anna zu Beginn der Veranstaltung eine Rede gehalten, die eine Würdigung ihres Lebenswerks ist. Eine junge Kollegin, die von Annas Arbeit inspiriert wurde, spricht über die bahnbrechenden Veränderungen, die Anna in der Palliativmedizin erreicht hat. Während die Worte durch den Saal hallen, fühlt Anna ein seltsames Unbehagen. Die Rede, die sie eigentlich mit Stolz erfüllen sollte, löst das Gegenteil aus. Es ist, als würde sie bereits zu einer Legende gemacht. Als sei ihr Lebenswerk abgeschlossen, obwohl sie noch mitten in ihrer Arbeit steht. Doch tief in ihrem Inneren weiß Anna, dass diese Worte einen wahren Kern haben: Es gibt nichts mehr, was sie noch beweisen muss. Dieser Moment der Ehrung bringt sie dazu, sich ihren Ängsten zu stellen. Sie erkennt, dass sie nie wirklich ans Ende ihrer beruflichen Reise gedacht hat. Doch ihr Kampfgeist und der Drang, weiterzukämpfen, verblassen. Gegenüber einem Kollegen spricht sie schließlich das aus, was sie lange verdrängt hatte: „Was wäre, wenn ich aufhöre?“ Der Gedanke, ihre Rolle abzugeben, macht ihr Angst. Doch sie erkennt, dass es Zeit sein könnte, loszulassen. Dieser Gedanke erschüttert sie, doch sie beginnt zu begreifen, dass Loslassen nicht das Ende ihrer Bedeutung ist. Die Würdigung auf der Konferenz war nicht der Abschluss ihres beruflichen Lebenswerks, sondern der sanfte Schubser in einen neuen Abschnitt. Sie erkennt, dass sie jetzt lernen darf, den Übergang in eine neue Phase ihres Lebens zu beginnen.

Arbeitsfragen für Metamorphose

Nutze die folgenden Fragen, um diesen Abschnitt deiner Held:innenreise zu reflektieren. Beantworte sie mit Stift und Papier, um tiefer in deine Situation einzutauchen. Oder betrachte sie als Coachingansatz, um damit weiterzuarbeiten:

  1. Welche deiner Erfahrungen und Fähigkeiten möchtest du besonders in die nächste Lebensphase mitnehmen, um berufliche Erfüllung oder persönliche Zufriedenheit zu finden?
  2. Welche beruflichen oder privaten Rollen möchtest du in Zukunft weniger einnehmen – und welche neuen Rollen möchtest du in Betracht ziehen?
  3. Welche Unsicherheiten im Übergang zur nächsten Lebensphase fordern dich heraus – und wie kannst du darauf reagieren, um weiterhin erfüllt und aktiv zu bleiben?
  4. Wie kannst du die Unsicherheiten in dieser Phase als Motivation nutzen, um dein berufliches Potenzial voll auszuschöpfen?

Agon – der Wettstreit mit dir selbst

Agon (altgriechisch: Ἀγών; Bedeutung: Wettstreit) ist in der griechischen Mythologie die Personifikation des Wettkampfs. Die alten Griechen glaubten, dass der Einzelne nur durch den Wettbewerb wachsen und seine Fähigkeiten verfeinern kann. Wie gehst du mit den Kämpfen um, die das Leben dir stellt? Oft sind es innere Dialoge und Zweifel, die dich davon abhalten, für deine Ziele einzustehen. In dieser Phase der Entwicklung geht es darum, die inneren Kämpfe und Unsicherheiten bei wichtigen Entscheidungen zu erkennen und zu bewältigen. Wage es, dich dem Kampf zu stellen – und daran zu wachsen.

Den Endboss besiegen: Wie du deinen inneren Kampf annimmst

Nachdem du die Zweifel des Abyssos erkannt und in der Metamorphose begonnen hast, dich neu zu definieren, stehst du nun im Agon – dem inneren Wettstreit. Er entscheidet darüber, wie du deine nächsten Schritte gestaltest. Es geht nicht mehr nur um Unsicherheiten oder den Wunsch nach Veränderung. Jetzt stehst du vor der Herausforderung, aktiv Entscheidungen zu treffen, die dein Leben und deine Karriere noch einmal neu ausrichten.

Die Kämpfe, die du in dieser Phase spürst, sind oft innerer Natur. Du fragst dich: „Habe ich die Kraft, noch einmal einen neuen Weg einzuschlagen?“ und „Kann ich auf meine Erfahrungen aufbauen, ohne alles Gewohnte hinter mir zu lassen?“ Es ist ein innerer Konflikt zwischen dem Bedürfnis nach Stabilität und dem Wunsch, noch einmal etwas Bedeutsames zu schaffen. Bei Agon geht es darum, wie du die nächste Phase deines Lebens gestalten willst..

Die Phase des Agon lehrt, dass echter Wandel nur durch den inneren Konflikt entsteht. Du kämpfst nicht gegen äußere Umstände, sondern gegen innere Zweifel und Ängste, die dich vielleicht davon abhalten, den nächsten Schritt zu gehen. Bei diesem Kampf geht es darum, mit Klarheit und Selbstbewusstsein die Richtung zu finden, die für dich richtig ist. Hier können dir die Erkenntnisse aus der Metamorphose helfen: Was hast du bisherüber dich gelernt? Welche Stärken hast du entdeckt, die dir jetzt helfen, den inneren Wettstreit zu gewinnen und deine Neuausrichtung bewusst zu gestalten?

Jetzt geht es darum, deinen bisherigen Weg mit den neuen Möglichkeiten in Einklang zu bringen. Dazu musst du nicht alles Bisherige loslassen, sondern die richtigen Anpassungen finden, um weiterhin erfüllt zu sein. Indem du den inneren Kampf annimmst, wirst du erkennen, dass du die Kontrolle über deine Zukunft hast.

Wie geht es anderen?

Lea, Tarik und Anna haben ihre ersten Schritte gewagt. Doch gerade als alles in Bewegung gerät, prallen sie auf die nächste große Hürde. Was passiert, wenn alte Muster zurückschlagen und neue Widerstände auftauchen? Wir erleben, wie sie vor inneren Kämpfen stehen, mit Zweifeln und Rückschlägen ringen und sich fragen: War der gewählte Weg der richtige? In den kommenden Geschichten zeigen sich der Kampf und die Zerrissenheit, die jede Veränderung begleitet. Doch wie weit werden sie gehen, um ihren Weg fortzusetzen?

Lea (53, Tischlerin und Unternehmerin): Leas Rückkehr in die Werkstatt gestaltet sich schwieriger als erwartet. Obwohl sie beschlossen hatte, sich aus dem Tagesgeschäft zurückzuziehen und wieder mehr in die kreative Arbeit einzutauchen, findet sie ihren Platz kaum. Obwohl sie das eigentlich nicht mehr tun wollte, greift sie doch plötzlich ein, ändert Entwürfe und stellt laufende Projekte infrage. Dieses Eingreifen sorgt für Unruhe. Das Team hat sich schnell an die klare Führung der Meisterin gewöhnt und arbeitet zunehmend ohne Leas Einfluss. Deshalb fühlt Lea sich wie eine Außenseiterin, die nicht mehr wirklich dazugehört. Die Werkstatt, einst ihr kreativer Rückzugsort, ist nun ein Raum, in dem sie beobachtet, wie andere ihre Ideen umsetzen. Die Distanz zu ihrer ursprünglichen Rolle als Geschäftsführerin wird immer deutlicher. Die Spannung zwischen ihr und der Meisterin ist spürbar, doch Lea verdrängt ihre Unsicherheit – bis zu dem Tag, an dem die Meisterin einfach nicht mehr zur Arbeit erscheint. Die Nachricht trifft Lea unerwartet: Die Meisterin hat gekündigt und wird nicht zurückkommen. Es ist ein Schock, der sie völlig aus der Bahn wirft. Plötzlich wird ihr klar, wie sehr sie durch ihr Schwanken und ihre Unentschlossenheit nicht nur das Vertrauen, sondern auch die Kontrolle über das gesamte Unternehmen verloren hat. Nun steht sie da, ohne ihre wichtigste Stütze und fragt sich, ob sie alles – ihre Firma, ihr Team, und ihre Identität als Möbeldesignerin – endgültig verloren hat.

Tarik (56, Tech-Startup-Gründer): Nach der Reise kehrt Tarik mit einer klaren Vision und neuen Ideen zurück. Er ist fest entschlossen, sein Mentoring-Programm auf Basis regenerativer Geschäftsmodelle aufzubauen. Er findet schnell Kontakt zu Netzwerken und Venture Funds, die dem Prinzip regenerativer Geschäftsmodelle folgen. Der Zeitpunkt ist ideal und die Welt scheint bereit für die Veränderung. Tarik fühlt, dass er Teil von etwas Großem ist, ganz wie am Anfang seiner Gründerkarriere. Doch während das Projekt langsam ins Rollen kommt, beginnt Tarik, einen inneren Kampf auszutragen. Er merkt, wie schwer es ihm fällt, sich an die neue Arbeitsweise eines Mentors anzupassen. Alte Gewohnheiten klopfen an: der Drang, die Kontrolle zu behalten, jeden Schritt zu überwachen und das Ergebnis zu perfektionieren. Er hat jahrzehntelang als Seriengründer agiert, die Fäden immer in der Hand gehalten und in jeder Krise die Führung übernommen. Jetzt soll er loslassen, vertrauen und den Prozess mit Leichtigkeit begleiten. Dieser innere Konflikt eskaliert, als ein vielversprechendes Mentee-Projekt scheitert. Seine Mitgründer, die die Prinzipien der regenerativen Geschäftsmodelle leben, konfrontieren ihn: „Du musst akzeptieren, dass nicht alles unter deiner Kontrolle ist. Wachstum bedeutet auch, Fehler zuzulassen.“ Tarik fühlt sich hin- und hergerissen. Kann er den Wandel wirklich vollziehen, den er so sehr propagiert? Kann er lernen, dass sein Wert nicht in der Kontrolle und Perfektion liegt, sondern im Vertrauen und Loslassen? Dieser Moment des inneren Widerstands wird zur größten Prüfung seines neuen Weges. Tarik erkennt, dass es nicht darum geht, die Welt oder die Geschäftsmodelle zu verändern – sondern sich selbst.

Anna (59 Jahre, Krankenhausleiterin): Nachdem Anna den Gedanken des Loslassens zum ersten Mal ausgesprochen hat, beginnt ein innerer Kampf, den sie nicht länger verdrängen kann. Zurück im Krankenhaus merkt sie schnell, dass die Idee aufzuhören, mehr in ihr auslöst, als sie erwartet hatte. Obwohl sie sich vornimmt, schrittweise Verantwortung abzugeben und sich auf eine ruhigere Rolle vorzubereiten, fällt es ihr schwer, tatsächlich loszulassen. Jeder Schritt weg vom Tagesgeschäft fühlt sich an wie ein Verrat an ihrem Lebenswerk. Die Übergabe von Aufgaben an ihre Stellvertreter:innen geht langsamer voran, als geplant. Anna korrigiert Entscheidungen und greift in Prozesse ein, die sie eigentlich längst abgegeben haben wollte. Ihr Team spürt ihre Unsicherheit und beginnt, sie weniger zu fragen. Dies gibt ihr wiederum noch stärker das Gefühl, den Anschluss zu verlieren. Der Gedanke, nicht mehr diejenige zu sein, die den Kurs vorgibt, ist für Anna schwer zu ertragen. Ein Wendepunkt tritt ein, als ein junges Teammitglied eine radikale Idee für die Neustrukturierung der Palliativversorgung vorschlägt – ein Ansatz, der modernen Trends folgt, aber Annas eigenen Vorstellungen widerspricht. Ihre erste Reaktion ist, den Vorschlag abzulehnen und das Team in die gewohnte Richtung zu lenken. Doch im selben Moment realisiert sie, dass sie diesen Kampf nicht mehr führen möchte. Sie spürt die Spannung in sich, zwischen dem Drang, weiterhin alles unter Kontrolle zu haben, und dem Wissen, dass ihre Zeit als Entscheidungsträgerin zu Ende geht. Der innere Konflikt eskaliert, als eine vertraute Kollegin sie zur Seite nimmt und vorsichtig anspricht: „Anna, du kannst nicht für immer in dieser Position bleiben. Das Team muss seinen eigenen Weg finden. Und du musst uns vertrauen.“ Diese Worte treffen Anna. Sie weiß, dass die Kollegin recht hat, aber der Gedanke, sich komplett zurückzuziehen, löst eine tiefe Unsicherheit in ihr aus: Wer ist sie ohne den ständigen Kampf, ohne die Verantwortung, alles im Griff zu haben? Der Kampf in Anna wird immer stärker: Soll sie den Weg weitergehen und das Zepter loslassen –oder sich noch einmal aufbäumen und ihren Platz an der Spitze verteidigen? In persönlichen Coaching-Sessions, die sie regelmäßig macht, erkennt sie, dass es nicht mehr darum geht, an vorderster Position die Geschicke des Krankenhauses und des Verbands voranzubringen. Sondern darum, die Phase des Übergangs zu ihrem neuen Ich zu akzeptieren. Doch der Weg dorthin ist von Zweifeln, Unsicherheiten und dem Verlust ihrer beruflichen Identität geprägt.

Arbeitsfragen für Agon

Nutze die folgenden Fragen, um diesen Abschnitt deiner Held:innenreise zu reflektieren. Beantworte sie mit Stift und Papier, um tiefer in deine Situation einzutauchen. Oder betrachte sie als Coachingansatz, um damit weiterzuarbeiten:

  1. Welche inneren Konflikte spürst du im Übergang zu einer neuen Lebensphase – und wie kannst du deine bisherigen Erfahrungen nutzen, um diese Konflikte zu lösen?
  2. Wo könntest du in deinem beruflichen oder persönlichen Umfeld gezielt Unterstützung suchen, um nicht allein durch diese schwierige Phase gehen zu müssen?
  3. Welche neuen Rollen oder Aufgaben möchtest du in deiner späten Karriere übernehmen – und wie kannst du dich darauf vorbereiten?
  4. Was kannst du in deinem jetzigen Umfeld verändern, um eine positive Richtung im Umgang mit deinen aktuellen beruflichen oder persönlichen Herausforderungen einzuschlagen?

Lysis – der letzte Schritt deiner Reise

Lysis (griechisch: λύσις; Bedeutung: Lösung, Auflösung, Beendigung) beschreibt den Moment, in dem alles klar wird. Es ist der Augenblick, in dem die letzten Knoten gelöst werden und du ins Licht trittst. Aristoteles verwendete diesen Begriff, um die Phase der „Enträtselung“ der Handlung zu beschreiben, das sogenannte „Denouement“ im Theater. Hier geht es darum, die Früchte deiner Reise zu ernten. Durch das Durchlaufen aller vorherigen Schritte wirst du zur Meister:in zweier Welten. Du hast nicht nur tiefe Einblicke in dich selbst gewonnen, sondern bist auch an den Herausforderungen gewachsen. Du bist bereit, deine neu erworbenen Fähigkeiten bewusst einzusetzen.

Meisterschaft in zwei Welten: Deine Reise zur Klarheit

Nach den Unsicherheiten im Abyssos, der bewussten Veränderung in der Metamorphose und dem inneren Wettstreit im Agon erreichst du nun die Phase der Lysis – den Abschluss deiner Held:innenreise. Hier trittst du ins Licht und erkennst die Früchte deiner inneren Arbeit. Diese Phase steht für die Lösung der letzten Knoten und die Integration all dessen, was du auf deiner Reise gelernt hast. Du bist nicht nur beruflich gewachsen, sondern hast auch tiefe Einblicke in dich selbst gewonnen. Du trittst nun als Meister:in zweier Welten hervor – der äußeren, beruflichen und der inneren, persönlichen.

Im beruflichen Kontext lehrt dich die Lysis, dass du nun mit Klarheit und einem tiefen Verständnis deiner Fähigkeiten und Erfahrungen voranschreiten kannst. Die Herausforderungen, vor denen du standest, waren nicht das Ende, sondern der Beginn eines neuen Kapitels. Du hast erkannt, dass es nie zu spät ist, neue Wege einzuschlagen oder deine berufliche Rolle zu verändern. Was du im Abyssos als Unsicherheit empfunden hast, hat dich dazu gebracht, deine wahren Werte zu erkennen. Die Metamorphose hat dir gezeigt, dass Veränderung eine Chance ist, und der Agon hat dir die innere Stärke verliehen, mutig und entschlossen für deine Ziele einzustehen. Nun, in der Lysis, hast du die Weisheit erlangt, deine Erfahrung zu nutzen, um deine Karriere in eine Richtung zu lenken, die dir wirklich entspricht.

Du hast gelernt, dass der wahre Erfolg nicht nur darin liegt, äußere Ziele zu erreichen, sondern darin, innerlich in Balance zu bleiben. Lysis zeigt dir, dass du in der Lage bist, sowohl das Bedürfnis nach Stabilität als auch den Wunsch nach persönlichem Wachstum in Einklang zu bringen. Du hast den Mut gefunden, alte Muster loszulassen und deine Ziele an dein heutiges Selbst anzupassen. Diese Reise hat dich nicht nur beruflich, sondern auch menschlich gestärkt. Du hast dir die Fähigkeit erarbeitet, in beiden Welten – der äußeren und der inneren – sicher zu navigieren und deine Entscheidungen mit Weisheit zu treffen.

Am Ende dieser Reise steht die Erkenntnis, dass all die Herausforderungen und inneren Kämpfe dich zu einem Ort gebracht haben, an dem du deine Zukunft mit Klarheit und Selbstvertrauen gestalten kannst. Lysis markiert das Ende dieser Heldenreise, doch es ist auch der Beginn eines neuen Kapitels, in dem du als Meister:in zweier Welten das Leben in deiner eigenen Balance gestalten kannst.

Wie geht es anderen?

Die inneren Konflikte haben ihren Höhepunkt erreicht und unsere Held:innen mussten schwierige Entscheidungen treffen. Doch wie geht ihre Reise weiter? Welche Lösungen haben sie gefunden, um ihre Herausforderungen zu meistern? Wir sehen jetzt, wie Lea, Tarik und Anna aus ihren Kämpfen gestärkt hervorgehen und einen neuen, selbstbestimmten Weg einschlagen. Doch ist dies das Ende ihrer Geschichten – oder nur ein neuer Anfang?

Lea (53, Tischlerin und Unternehmerin): Mit ihrem Unternehmen in Scherben und der Last der vergangenen Monate auf ihren Schultern trifft Lea eine radikale Entscheidung: Sie nimmt sich eine Auszeit und reist nach Japan, ein Land, dessen Handwerk sie schon lange fasziniert hat.Ohne lange zu überlegen, entscheidet sie sich, für einige Wochen zu bleiben. Der Alltag auf Reisen ist einfach und strukturiert. Lea verbringt die Tage mit dem Kennenlernen der japanischen Handwerkskunst und stillen Spaziergängen. Anfangs kreisen ihre Gedanken ständig um die verlorenen Kund:innen, das zerbrochene Team und die verpassten Gelegenheiten. Doch je mehr sie sich mit den Weisheiten und Lehren hinter dem traditionellen Handwerk beschäftigt, desto mehr öffnet sie sich für eine neue Sichtweisen. Nach einigen Wochen wird Lea plötzlich etwas klar: Ihre größte Blockade war nicht der äußere Mangel an Erfolg oder die schwierigen Umstände, sondern die Angst vor Klarheit über sich selbst. Sie hatte sich so sehr an Erfolg, Kontrolle und Perfektion geklammert, dass sie das Wesentliche aus den Augen verloren hatte. Statt sich auf ihre innere Stärke und Kreativität zu besinnen, hatte sie versucht, an allem festzuhalten – und gerade dadurch alles verloren. Diese Erkenntnis trifft sie und bringt eine unerwartete Erleichterung. Sie erfährt, dass wahre Meisterschaft nicht im Streben nach mehr Kontrolle liegt, sondern im Vertrauen darauf, dass weniger oft mehr ist. Als Lea nach einigen Wochen wieder nach Hause reist, fühlt sie sich leichter und klarer. Zurück in ihrer Werkstatt beschließt sie, ihr Unternehmen radikal zu verkleinern. Sie möchte sich künftig nur noch auf Projekte konzentrieren, die sie wirklich erfüllen, ohne den Druck, ständig mehr zu erreichen. Die Vorstellung, ein großes Team zu führen oder starren Wachstumsplänen zu folgen, lässt sie bewusst los. Sie möchte Raum für ihre eigene Kreativität und Freude an der Arbeit schaffen. Mit dieser neuen Haltung verändert sich auch die Energie in ihrer Arbeit. Für sie ist es nun das Wichtigste, im Einklang mit sich selbst zu arbeiten. Weniger wollen, mehr im Moment sein – so wird sie zur Meisterin ihrer zwei Welten: eine Gestalterin, die in der Balance von Schaffen und Loslassen ihre wahre Erfüllung findet.

Tarik (56, Tech-Startup-Gründer): Der innere Kampf zehrt an Tarik. Die Gespräche mit seinen Mitgründern und die gescheiterten Mentee-Projekte haben ihn aufgeweckt, aber noch keine echte Veränderung bewirkt. Als Tarik sich in dieser Krise befindet, wird er auf ein Leadership-Seminar der New Work Heroes aufmerksam. Er merkt, dass ihm das jetzt gut tun wird. Denn Loslassen bedeutet auch, nach Hilfe fragen zu können. Das Seminar wird zu einem Wendepunkt. Die Coaches konfrontieren ihn nicht mit Erfolgsrezepten oder Strategien, sondern mit sich selbst. In intensiven Übungen stellt Tarik sich der Frage, warum es ihm so schwerfällt loszulassen. Die Übungen führen ihn zu seiner Vaterwunde und der Angst, nicht zu genügen. Beides hatte er jahrelang hinter seinem Erfolg versteckt. Die Coaches führen ihm vor Augen, dass echte Führung auch bedeutet, Fehler zuzulassen und Vertrauen in das Potenzial der Menschen zu haben, die er begleitet. Tarik realisiert, dass seine Aufgabe nicht darin liegt, alles perfekt zu machen, sondern einen Rahmen zu schaffen, in dem seine Mentees wachsen und lernen können – auch durch ihre eigenen Fehler. Zurück im Alltag versucht er, diese neue Haltung umzusetzen. Anstatt sich in jede Entscheidung einzumischen, tritt er einen Schritt zurück und gibt seinen Mentees mehr Freiraum. In Meetings fragt er mehr, als er vorgibt. Er teilt seine Erfahrungen, ohne sie als absoluten Maßstab zu setzen. Stück für Stück spürt er, wie sich die Atmosphäre im Mentoring-Programm verändert: Es entsteht eine Kultur des Vertrauens und der Eigenverantwortung. Tarik fühlt eine neue Leichtigkeit. Zum ersten Mal seit Jahren arbeitet er nicht gegen seinen inneren Drang, sondern im Einklang mit seiner neu gewonnenen Klarheit. Er wird zum Meister seiner zwei Welten: ein erfahrener Gründer, der gelernt hat, Führung als Unterstützung zu leben und seinen Wert nicht an Kontrolle und Perfektion zu messen.

Anna (59 Jahre, Krankenhausleiterin): Nach dem intensiven inneren Kampf und den immer wieder aufkommenden Zweifeln beginnt Anna, sich langsam mit der Realität des Loslassens zu arrangieren. Der Wendepunkt kommt, als sie eine Einladung erhält, an einem Seminar für Führungskräfte in Übergangsphasen teilzunehmen – ein Angebot, das ihr zunächst befremdlich erscheint. Doch im Gespräch mit ihrer Familie und nahen Kolleg:innen wird ihr klar, dass dieses Seminar genau das sein könnte, was sie jetzt braucht. Auf dem Seminar trifft sie auf andere Führungspersönlichkeiten, die ähnliche Übergänge erleben. Für viele von ihnen war das Abschiednehmen von einer aktiven Rolle genauso schmerzhaft wie für Anna. In intensiven Reflexionsrunden erkennt sie, dass Loslassen nicht bedeutet, sich zu verabschieden, sondern eine neue Art der Führung zu entwickeln – eine, die weniger auf Kontrolle und mehr auf Vertrauen basiert. Eine der Dozentinnen, die selbst vor wenigen Jahren einen ähnlichen Prozess durchlaufen hat, sagt zu ihr: „Du musst den Kampf nicht mehr kämpfen. Dein Vermächtnis ist bereits geschaffen. Jetzt geht es darum, Raum für andere zu schaffen.“ Anna beginnt zu verstehen, dass ihr Beitrag zur Palliativmedizin nicht davon abhängt, weiterhin an vorderster Front zu stehen. Stattdessen kann sie sich eine Rolle als Beraterin vorstellen, in der sie ihre Erfahrung weitergibt, ohne selbst jede Entscheidung treffen zu müssen. Die Idee, ihre Kraft auf das Team zu übertragen, beginnt sie zu befreien. Zurück im Krankenhaus spricht sie mit ihrem Team und trifft eine klare Entscheidung: Sie wird die Leitung des Krankenhauses und des Bundesverbands übergeben. Die Übergabe wird bewusst und strukturiert gestaltet, sodass Anna das Vertrauen hat, dass ihre Nachfolger:innen den Weg weiterführen, den sie aufgebaut hat. Sie bleibt dem Krankenhaus als Beraterin erhalten, doch ohne den täglichen Druck der Verantwortung. In dieser neuen Rolle findet Anna endlich Frieden. Sie erkennt, dass ihr Lebenswerk nicht von ihrer Präsenz abhängt, sondern von den Werten und Strukturen, die sie geschaffen hat. Durch das Loslassen erfährt sie eine neue Leichtigkeit und spürt, dass sie ihren Platz in der Palliativmedizin nicht verliert, sondern auf eine neue Ebene bringt. Ihr Vermächtnis lebt in den Menschen weiter, die sie inspiriert und geprägt hat. Anna wird zur Meisterin zweier Welten: Sie hat gelernt, dass wahre Stärke nicht im Festhalten liegt, sondern darin, zu vertrauen und Raum für Neues zu schaffen.

Arbeitsfragen für Lysis

Nutze die folgenden Fragen, um diesen Abschnitt deiner Held:innenreise zu reflektieren. Beantworte sie mit Stift und Papier, um tiefer in deine Situation einzutauchen. Oder betrachte sie als Coachingansatz, um damit weiterzuarbeiten:

  1. Wie haben dich deine bisherigen beruflichen Erfolge und Herausforderungen gestärkt – und wie möchtest du dieses Wissen in der nächsten Phase deines Lebens einsetzen?
  2. Wie hat sich dein Verständnis von Erfolg durch deine Erfahrungen verändert – und welche neuen Prioritäten möchtest du nun in den Mittelpunkt stellen?
  3. Welche neuen Prioritäten möchtest du jetzt setzen, um eine Balance zwischen beruflichem Abschluss und persönlicher Zufriedenheit zu finden?
  4. Was möchtest du aus deinen bisherigen Erfahrungen bewahren – und welche Kompetenzen möchtest du weiterentwickeln?
  5. Wie kannst du die Balance zwischen deinen inneren Werten und äußeren Zielen so gestalten, dass du in Zukunft erfüllt und motiviert bleibst?